Meinungsbeitrag.

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Außenansicht eines modernen Wohngebäudekomplexes mit beiger Fassade und Balkonen

Dr. Wulff Aengevelt: SPD-Beschluss droht Vermietern mit kalter Enteignung.


Die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag einen 15-Punkte-Plan zur „sozialdemokratischen Wohnungspolitik“ beschlossen. Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter des DIP-Partners Aengevelt Immobilien, bewertet den Plan aus immobilienwirtschaftlicher Sicht. Sein Fazit: Die vorgeschlagenen Maßnahmen tragen nicht dazu bei, dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken. Stattdessen greifen die Vorschläge in unverhältnismäßiger Weise in das vom Grundgesetz verbriefte Eigentumsrecht ein.

Porträtfoto von Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter Aengevelt Immobilien

„Am 28. Juni 2025 hat der Bundesparteitag der SPD auf Antrag der SPD Berlin einen Beschluss gefasst, der den Titel trägt: „Sozialdemokratische Wohnungspolitik – Mieten stabilisieren – Planungssicherheit geben – Wohnraum erhalten“. Mit diesem Beschluss will die SPD auf den Wohnungsmangel reagieren, der sich angesichts völlig unzureichender Fertigstellungszahlen seit Jahren insbesondere in den Großstädten stetig verschärft.

Allerdings enthält der 15-Punkte-Plan keinerlei Absichten, den Sozialen Wohnungsbau auszuweiten, den Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum zu fördern oder die Rahmenbedingungen für den Bau von Mietwohnungen zu verbessern, beispielsweise durch eine Anhebung der degressiven Abschreibung.

Stattdessen will die SPD ausschließlich kommunale Wohnungsbaugesellschaften und genossenschaftliches Bauen stärken, indem sie Investitionskostenzuschüsse gewähren oder die Umsatzsteuer auf Bauvorhaben und Sanierungen reduzieren will – wobei letztere Idee überhaupt nicht durchdacht ist, weil eine Umsatzsteuerermäßigung auf Bauleistungen nicht zwischen verschiedenen Arten von Investoren differenzieren kann. Ein von der SPD vorgeschlagenes Förderprogramm zum Ankauf privater Bestandswohnungen durch kommunale Wohnungsunternehmen oder Genossenschaften würde viel Geld kosten, aber keine einzige zusätzliche Wohnung schaffen. Die SPD will lediglich den gemeinwirtschaftlichen Sektor stärken, wobei sie übersieht, dass Wohnungsgenossenschaften nicht gemeinnützig sind, sondern teilweise durchaus hohe Gewinnanteile an ihre Mitglieder ausschütten.

11 der 15 Punkte beziehen sich darauf, die Vermieterrechte einzuschränken. Dazu gehört die Reduzierung der Modernisierungsumlage, die jegliches Bemühen um eine Einhaltung der Klimaziele im Wohnungsbestand konterkariert. Die SPD will die Mietpreisbremse verlängern und noch verschärfen und die Kappungsgrenze auf 11 % innerhalb von drei Jahren reduzieren. Das Verfahren zur Erstellung der Mietspiegel soll mit verschiedenen Methoden derart manipuliert werden, dass die Mietspiegel keine ortsüblichen Vergleichsmieten mehr wiedergeben, sondern Werte, die deutlich unterhalb der Marktmieten liegen.

Die Eigenbedarfskündigung soll erschwert werden. Beispielsweise will die SPD nicht mehr, dass ein Vermieter einen Mietvertrag kündigen kann, um in der Wohnung eine Pflegekraft für sich selbst oder einen Angehörigen unterbringen zu können. Wie sozial ist das denn?

Ferner sollen Index- und Staffelmietverträge verboten werden, die Verfolgung von Mietwucher soll intensiviert werden und die Kündigungsfristen sollen verlängert werden. Schließlich will die SPD das soziale Mietrecht auch auf Gewerbetreibende ausweiten – was einen Eingriff in das Eigentumsrecht darstellen würde, der nicht durch ein asymmetrisches Verhältnis zwischen einem privaten Mieter und einem gewerblichen Vermieter gerechtfertigt werden kann.

Überhaupt ist zweifelhaft, ob die Vorschläge der SPD einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten, da sie schwerwiegende und unverhältnismäßige Eingriffe in das Eigentumsrecht darstellen, das durch Art. 14 Grundgesetz garantiert ist. Vollkommen unverständlich ist, dass die SPD Indexmieten verbieten will, die eine für beide Seiten faire Möglichkeit darstellen, die Mietpreise im Gleichschritt mit der Inflationsrate laufen zu lassen. Je stärker die Vertragsfreiheit eingeschränkt und Miethöhen begrenzt werden, desto stärker nähern sich die SPD-Vorschläge einer de-facto-Enteignung an, wie sie aus der DDR bekannt war, wo Mieterhöhungen verboten waren. Die Folge war der Verfall der noch in privatem Besitz befindlichen Bausubstanz, weil die Instandhaltung nicht mehr finanziert werden konnte, von Modernisierungen ganz zu schweigen.

Mit ihrem 15-Punkte-Plan verfolgt die SPD eine Vision: Sie will private Investoren durch einen gemeinwirtschaftlichen Sektor vom Wohnungsmarkt verdrängen, wobei ihr allerdings nicht bewusst ist, dass auch kommunale und genossenschaftliche Vermieter auskömmliche Mieterträge benötigen. Sie will Mieten mit einer Kombination verschiedener Maßnahmen derart begrenzen, dass die Vermietung von Wohnraum nicht einmal annähernd wirtschaftlich ist. Die Folgen werden darin bestehen, dass noch weniger Wohnungen als bisher gebaut werden, dass sich also Wohnungsknappheit und Wohnungsnot noch schneller verschärfen, dass Wohnungen nicht mehr bedarfsgerecht erhalten und modernisiert werden können und dass die Ertragswerte für Bestandswohnungen abstürzen. Es wird keine nennenswerten Fortschritte beim Klimaschutz mehr geben, der Wohnungsbestand wird zunehmend verfallen, die Wohnungsleerstände werden zunehmen, weil eine Vermietung nicht mehr wirtschaftlich dargestellt werden kann, der Mindestzufluss von privatem Kapital in den Wohnungssektor wird abgeschnitten und im Ergebnis der Interdependenz aller Maßnahmen verschärfen sich Wohnungsmarktkrise und segmentspezifische Wohnungsnot noch weiter. Ist es das, was die SPD anstrebt?

Es gibt noch eine weitere Konsequenz: Der Parteitagsbeschluss ist ein Sprengsatz für die Regierungskoalition, denn die Union kann bei diesen Plänen nicht mitgehen. Der 15-Punkte-Plan liest sich wie die Vorbereitung eines Koalitionsbruchs. Nach dem vorzeitigen Scheitern der Ampelkoalition würde dies den demokratiefeindlichen Parteien noch weiteren Auftrieb geben. Staatsbürgerliche Verantwortung ist definitiv anders geboten!“

Thomas Glodek

Leiter Öffentlichkeitsarbeit